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Bundessozialgericht kippt SV-Freiheit für Gesellschafter und Geschäftsführer

20. März, 2017

Seit einiger Zeit zeichnet sich ein klarer Trend ab. Für Gesellschafter, Geschäftsführer und Gesellschafter-Geschäftsführer ist es immer schwieriger, sich von der Sozialversicherungspflicht befreien zu lassen. Strittige Fälle entscheiden Gerichte immer häufiger zu Ungunsten der Betroffenen. Insbesondere Minderheitsgesellschafter sind häufig von der neuen Rechtsprechung betroffen. Unter bestimmten Voraussetzungen ist eine Befreiung aber nach wie vor möglich.


Wende in der Rechtsprechung seit 2015

Ende 2015 kam es zu einer Wende bei der Rechtsprechung über die Sozialversicherungspflicht in strittigen Fällen von Minderheitsgesellschaftern. Gleich in zwei Verfahren hatte das Bundessozialgericht die Sozialversicherungspflicht für die Kläger festgelegt. Zwei Fälle, die bis dahin häufig anders beurteilt wurden.

Der erste Fall – Stimmbindungsvertrag alleine reicht nicht

Im ersten Fall hielt ein Ehepaar die Anteile an einer GmbH. Der Ehemann zu 60 Prozent, die Ehefrau zu 40 Prozent. In der Vergangenheit hatten sich die beiden Partner darauf verständigt, die Beteiligung gleichmäßig zu verteilen. Eine Übertragung der Anteile erschien steuerrechtlich nicht vorteilhaft. Aus diesem Grund erfolgte vorerst nur eine Anpassung der Stimmrechte über einen Stimmbindungsvertrag.

Die Ehefrau erhielt die Stimmführerschaft, außerdem durfte sie stellvertretende für ihren Ehemann entscheiden und abstimmen. Seit 2009 war die Ehefrau zusätzlich auch noch als leitende Angestellte mit Prokura in dem Unternehmen angestellt. Die deutsche Rentenversicherung Bund stellte Sozialversicherungspflicht fest. Die betroffene Ehefrau setzte sich gerichtlich zur Wehr. Das Gericht folgte mit seinem Urteil im November 2015 der Auffassung der Deutschen Rentenversicherung. Das Gericht stützte sein Urteil maßgeblich darauf, dass sich die Ehepartner auf einen Stimmbindungsvertrag geeinigt hätten. Die Ehefrau verfügte damit nicht über ein echtes Vetorecht. Im Falle eines Falles, hätte der Stimmbindungsvertrag von einem anderen Gesellschafter, also dem Ehemann, einseitig aufgehoben werden können.

Der zweite Fall – Stellung als „Kopf und Seele“ eines Unternehmens reicht nicht mehr aus

Ähnlich verhielt es sich in dem zweiten Fall, den das Gericht entschied. Auch in diesem Fall waren zwei Gesellschafter zu ungleichen Teilen an einem Unternehmen beteiligt, waren aber beide alleinvertretungsbefugt. Der zu einem geringeren Anteil am Unternehmen beteiligte Gesellschafter war zusätzlich als Geschäftsführer beim Unternehmen angestellt. Im Rahmen des „Geschäftsführer-Anstellungsvertrages“ hatte der Betroffene zusätzlich ein Veto-Recht bei der Bestimmung weiterer Geschäftsführer. Darüber hinaus erhielt er ein Veto-Recht aufgrund seiner fachlichen Kompetenzen. Auch in diesem Fall ging die Deutsche Rentenversicherung Bund von Sozialversicherungspflicht aus und bekam im anschließenden Rechtsstreit vom Bundessozialgericht Recht. Wie im ersten Fall begründete das Gericht sein Urteil damit, dass das Vetorecht nicht im Gesellschafter-Vertrag verankert war. Es konnte daher auch in diesem Fall theoretisch ausgehebelt werden.


Mitbestimmungsrechte im Gesellschaftervertrag regeln

Die beiden Urteile zeigen zum einen, dass Mitbestimmungsrechte ganz klar im Gesellschaftervertrag geregelt werden sollten, wenn Sozialversicherungsfreiheit für einen Minderheitsgesellschafter gewünscht ist. Insbesondere das zweite Urteil hat eine wegweisende Wirkung. Bis zum Urteil war es durchaus üblich und möglich, die Sozialversicherungsfreiheit eines Minderheitsgesellschafters auf seiner alleinigen fachlichen Kompetenz im Unternehmen zu begründen, die es ihm erlaubte, Entscheidungen aufgrund seiner Fachkompetenz zu treffen oder zu verhindern. Dies wird nach dem Urteil vom November 2015 in dieser Form nicht mehr möglich sein!


Kompetent beraten lassen

Seit den Urteilen vom November 2015 ist es speziell für Minderheitsgesellschafter entschieden schwieriger geworden, Sozialversicherungsfreiheit zu erlangen. Es ist aber nach wie vor nicht unmöglich. Entscheidend ist vor allem eine sichere vertragliche Verankerung der entscheidenden Stimmrechte. Bei er entsprechenden Vertragsgestaltung wie auch bei einer gewünschten Befreiung von der Sozialversicherungspflicht ist es in jedem Fall sinnvoll, sich kompetent beraten zu lassen. Unsere Experten helfen ihnen gerne weiter!